Mensch gegen Maschine – setzen die Controller sich durch?

25.03.2019 von CA Redaktion | Business Development

Die augenblickliche technologische Entwicklung im Controlling-Umfeld erfolgt in einem atemberaubenden Tempo, sodass die Controller durch Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Robotic Process Automation immer mehr unter Druck zu geraten scheinen. Bis hin zu dem Punkt, an dem die Maschine die Controller möglichweise vollständig ersetzen könnte. Meine Erfahrungen aus der Beratungstätigkeit bei der CA controller akademie zeichnen allerdings ein ganz anderes Bild: Solange es Menschen im Unternehmen gibt, solange braucht es auch Controller.

Dieser Zusammenhang lässt sich sehr gut mit dem MOVE-Modell beschreiben.

MOVE steht dafür, im Unternehmen etwas zu bewegen, also Veränderungsprozesse erfolgreich zu gestalten. Dies kann gemäß des Modells nur gelingen, wenn sowohl die Sache (die Buchstaben M und O) als auch der Mensch (wofür die Buchstaben V und E stehen) berücksichtigt werden. Dabei steht das M für die Methode. Hier beschäftigen wir uns zum Beispiel mit der Frage, wie es gelingen kann, im Zeitalter von Big Data strukturierte und unstrukturierte Daten so zu speichern und auszuwerten, dass wir daraus Informationen zur Unternehmenssteuerung ableiten können. Das O steht für die Organisation, also die dazu notwendigen organisatorischen Veränderungen, wie beispielsweise den Aufbau einer neuen Abteilung Information Management. V steht für das Verhalten der Menschen. Welche internen Verhaltensspielregeln müssen beachtet werden, damit hohe Flexibilität in der Analyse und dem Reporting einerseits, sowie Datensicherheit und eine Single Source of Truth andererseits erreicht werden können? Ob das geschieht, hängt wiederum von E, der Einstellung der Menschen zu den Dingen ab. Ist diese vom Fokus auf den eigenen Nutzen geprägt, werden Verhaltensregeln häufig umgangen. Im Beispiel hätte dies Dateninkonsistenzen und damit eine verfälschte Entscheidungsbasis der Unternehmenssteuerung zur Folge.

M und O können zwar relativ schnell verändert werden, die größte Wirkung auf einen erfolgreichen Transformationsprozess hat jedoch VE und damit der Mensch. Dem Controller fällt seit jeher die Rolle der Gestaltung von Informations- und Kommunikationsschnittstellen zu. In seiner Rolle als Business Partner unterstützt er das Management dabei, ganzheitliche Entscheidungen auf Basis der Unternehmensziele zu treffen und stellt die dafür notwendigen Daten zur Verfügung. Dabei macht er auch immer wieder unterschiedliche Interessenslagen transparent und sucht diese durch Moderation auszugleichen. Er leistet somit einen Beitrag für MO und VE. Das hat sich auch in Zeiten der Digitalisierung nicht geändert.

Was sich allerdings geändert hat ist die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung. Über vielfältige Quellen werden immer mehr Daten gesammelt. Damit besteht die Möglichkeit, durch sogenannte explorative Methoden, Zusammenhänge zu entdecken, die bisher unbekannt waren oder nur vermutet werden konnten. Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich wiederum Berechnungsmodelle entwickeln und validieren, die eine Vorhersage von voraussichtlichen Entwicklungen in der Zukunft ermöglichen. Es wird darauf ankommen, die richtigen Daten zu sammeln, diese mit passenden Verfahren zu analysieren und vor allem die Ergebnisse sinnvoll zu interpretieren.

Die Schweizer Internetseite Watson zeigt eine Reihe von Beispielen, in denen sich Korrelationen ergeben, die wenig Sinn haben. Beispielsweise beträgt die Korrelation zwischen Selbstmorden durch Erhängen und den Investitionen der USA in Forschung 99,79% und der Umsatz der Spielhallenindustrie zu Personen, die ihre Doktorarbeit in Computerwissenschaften abschlossen 98,51%. Schnell wird klar, dass das reine Rechenergebnis immer in einen Kontext gesetzt werden muss. Um die wichtige Brücke von der Gewinnung und Analyse von (Massen-) Daten bis hin zu Managemententscheidungen zu schlagen, ist es daher von großer Bedeutung, die Anforderungen des Managements zu verstehen (und dieses auch dahingehend beraten zu können), moderne Analyseverfahren anwenden zu können und die gewonnenen Informationen auch verständlich für das Management aufzubereiten. Controller tun gut daran, sich mit den dafür notwendigen Kompetenzen auszustatten.

Wo bislang Manager und Controller gemeinsam im Team die Möglichkeit hatten, das Steuerungsmodell, den Datenbedarf und das Berichtswesen weitgehend untereinander zu definieren und umzusetzen, sind heute in diesen Prozess immer mehr bereits unterschiedlich spezialisierte Abteilungen involviert. In einem Pharmaunternehmen beispielsweise wurde die ursprüngliche Controller Abteilung in zwei unterschiedliche Teams überführt. Das Team „Business Partner“ ist verantwortlich für die interne Beratung des Managements. Hier werden Steuerungsmodelle erarbeitet und Berichte interpretiert sowie Korrekturmaßnahmen diskutiert. Das Team „Information Management“ ist dafür verantwortlich, Datenmodelle zu erzeugen und fortgeschrittene Analysemethoden anzuwenden, um die Business Partner mit Informationen zu versorgen. Dazu muss dieses Team nicht nur eng mit den Business Partnern, sondern auch mit der IT des Unternehmens zusammenarbeiten. Darüber hinaus werden hier die Datenanbindungen mit Spezialisten aus dem Social Media Bereich, Online-Marketern, Verwaltern von GPS Daten uvm. gestaltet. Die Anzahl der Schnittstellen steigt damit explosionsartig an und variiert permanent. Hinter jeder Schnittstelle verbergen sich Menschen, die aus ihrer Rolle heraus eine ganz unterschiedliche Sicht auf die Dinge haben und damit in ihren Einstellungen durchaus stark voneinander abweichen können. Konflikte die hier entstehen, müssen von Menschen gelöst werden.

Der Controller geht also mehr eine Symbiose mit der Maschine ein, statt sich gegen sie durchzusetzen. Repetitive Abläufe mit niedriger Wertschöpfung werden automatisiert, um den Menschen zu entlasten. Zukunftsorientierte Datenarchitekturen, fortgeschrittene Analyseverfahren, Dashboards und Self Service BI helfen, flexibel und in Echtzeit Reports zu erzeugen. Und der Controller lernt, die richtigen Informationsanforderungen zu stellen, Analyseergebnisse zu interpretieren und Kommunikationsschnittstellen zu gestalten. Let’s MOVE.

Ein Fachbeitrag von Jens Ropers, der auch in der Wirtschaftszeitung erschienen ist

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