Risikomanagement, Krisenfrüherkennung und Planung

07.10.2025 von CA Redaktion | Controlling
Risikomanagement, Krisenfrüherkennung und Planung

Warum vorausschauendes Denken und Handeln der beste Risikoschutz ist.

Risiken entstehen selten über Nacht. Sie entwickeln sich über längere Zeiträume und werden oft erst sichtbar, wenn Gegenmaßnahmen kaum noch möglich sind.

Über mehrere Jahre nutzten viele Unternehmen die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), um umfangreiche Kredite aufzunehmen, mit dem Ziel, den Umsatz in den folgenden Jahren zu steigen. Das Geschäftsjahr 2024 zeigte jedoch eindrücklich, wie schnell sich wirtschaftliche Rahmenbedingungen verändern können. Zahlreiche Unternehmen sahen sich mit steigenden Zinsen, hohen Schuldenständen und erheblichen Bewertungsverlusten konfrontiert – auch große, etablierte Konzerne blieben davon nicht verschont.

Am Beispiel der BayWa AG lässt sich nachvollziehen, wie komplexe Wechselwirkungen zwischen Finanzierung, Wachstum und Marktentwicklungen zu erheblichen Herausforderungen führen können. Nach einem Verlust von rund 93 Millionen Euro im Jahr 2023 kam es 2024 zu einem Verlust von 1,6 Milliarden Euro und zu rund 6 Milliarden Euro Schulden. Diese Entwicklung machte umfangreiche Sanierungsmaßnahmen erforderlich.

Anhand solcher Ereignisse wird deutlich, wie wichtig es ist, Risiken frühzeitig zu erkennen, zu bewerten und aktiv zu steuern– bevor sie existenzbedrohend werden.

Risikoaggregation und Monte-Carlo-Simulation

Im Kern stellt sich die grundsätzliche Frage: Ist es richtig, in einer Phase der Nullzinspolitik der EZB große Summen aufzunehmen, in der Hoffnung, dass diese Situation lange anhält? Oder besteht das eigentliche Risiko darin, dass eine solche Geschäftsausweitung nur dann funktioniert, wenn die neuen Geschäftsfelder sehr schnell Liquidität erzeugen, um die Schulden zurückzuführen?
Wie man es auch betrachtet – es ist in jedem Fall eine Wette auf die Zukunft.

Diese Wette lässt sich in Zahlen ausdrücken. Das passende Instrument dafür heißt Monte-Carlo-Simulation. Nach Einschätzung von Fachleuten aus dem Risikomanagement, von mathematisch geschulten Expertinnen und Experten sowie von Betriebswirten gilt sie als die einzige Methode, mit der sich Risiken mathematisch und sachlich korrekt aggregieren lassen.

Trotzdem wird diese Methode in der Praxis selten angewendet, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen. Dabei stellt das StaRUG klare Erwartungen an Management und Aufsichtsrat, Risiken systematisch zu erfassen und zu bewerten. Doch weil die Umsetzung oft lückenhaft ist, gibt es nun eine Reihe von Initiativen, die die Regeln für den „ordentlichen Kaufmann“ neu interpretieren und konkretisieren sollen.

Aktuelle Entwicklungen und neue Standards

In den vergangenen Monaten haben sich verschiedene Institutionen und Fachgremien intensiv mit den Themen Risikomanagement und Krisenfrüherkennung beschäftigt – teils mit deutlichem Bezug zu Umfang und Qualität der Unternehmensplanung.
Mehrere neue oder überarbeitete Standards sollen klarstellen, welche Erwartungen künftig an Unternehmen, Geschäftsleitungen und Aufsichtsgremien gestellt werden.

Zu nennen sind unter anderem:

Die Vielzahl an Standards zeigt: Der Veränderungsdruck ist hoch. Besonders betroffen sind Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsgremien – und nicht zuletzt die Wirtschaftsprüfer.

Von der Berichterstattung zur aktiven Steuerung

Viele Unternehmen versuchen, Risiken im Lagebericht oder in anderen Berichtsformaten offenzulegen. Doch häufig geschieht das erst, wenn die Probleme bereits sichtbar sind. Zu diesem Zeitpunkt ist es oft zu spät, um noch wirksam gegenzusteuern.

Die eigentliche Aufgabe besteht darin, Risiken aktiv zu steuern und sie nicht nur nachträglich zu dokumentieren. Genau hier setzt die Business Judgement Rule (BJR) an (lesen Sie hier mehr über die Veränderungen im Rahmen der BJR).

Das bedeutet in der Praxis:

  • Planung mit Bandbreiten statt fester Einzelwerte,
  • Bewusstsein für kognitive Verzerrungen wie Selbstüberschätzung oder Bestätigungsfehler,
  • und ein internes Kontroll- und Widerspruchssystem, das Annahmen kritisch hinterfragt und alternative Szenarien berücksichtigt.

Nur so entsteht ein Entscheidungsprozess, der fachlich fundiert, dokumentiert und später auch überprüfbar ist – im Sinne eines verantwortungsvollen und rechtssicheren Managements.

Vom Gesetz zur Praxis

Ich finde es verwunderlich, dass der Gesetzgeber uns zu wirtschaftlich sinnvollem Handeln zwingen muss. Aber vielleicht liegt es an der häufig zitierten Selbstüberschätzung des oberen Managements, das glaubt, alle Probleme in den Griff zu bekommen?

Dagegen hilft nicht nur ein geschultes Management, das sich den kognitiven Verzerrungen wie Overconfidence und Confirmation Bias bewusst ist, sondern auch ein starkes Controlling, das als echter Business Partner die kritische Gegenposition einnimmt. Ebenso wichtig sind Fachkräfte, die Risiken in Zahlen übersetzen und mit Monte-Carlo-Simulationen messbar machen können.

Fazit

Fälle aus den Wirtschaftsnachrichten zeigen, wie schnell wirtschaftliche Stabilität ins Wanken geraten kann, wenn Risiken nicht frühzeitig erkannt und gesteuert werden.

Ein wirksames Risikomanagement beginnt mit klarem Denken, realistischen Annahmen und dem Mut, Unsicherheit messbar zu machen. Wer Risiken nicht nur erfasst, sondern auch versteht und aktiv steuert, schützt nicht nur das Unternehmen, sondern auch seine Verantwortungsträger und schafft die Grundlage für langfristige Stabilität.

Mein Tipp!

Wenn Sie die Daten-Basis schaffen wollen, um Risiko-Bandbreiten in der Unternehmensplanung  analysieren zu können: Stufe II – Financial & Management Accounting
Nächster Termin: 20. – 24.10.2025, Starnberg (weitere Termine für 2025 in Frankfurt a. M. und Hamburg verfügbar)
Zu den Online Terminen

Wenn Sie Bandbreitenplanung praktisch verankern möchten: Stufe IV – Planungsanwendungen & Umsetzung
Nächster Termin:
13. – 17.10.2025, Hamburg (weitere Termine 2025 in Frankfurt a. M. und Köln verfügbar)
Zu den Online Terminen

Wenn Sie tiefer in Simulation, Bandbreite und risikogerechte Bewertung einsteigen wollen: Risikoanalyse, Monte-Carlo-Simulation & Bandbreitenplanung
Nächster Termin: 10. – 11.11.2025, Online

Wenn Sie eine bessere Bilanz- und Cash-Flow-Diagnose anstreben: Jahresabschlussanalyse für Controller
Nächster Termin: 05. – 06.11.2025, Online

Wenn Sie sich Tools für professionelle Investitionsentscheidungen holen möchten: Investitions-Controlling
Nächster Termin: 22. – 24.06.2026, Köln

Guido Kleinhietpass

Autor

Guido Kleinhietpaß
Partner und Trainer der CA controller akademie

Beitrag teilen