Planmäßige Abschreibung des Goodwill bald auch nach IFRS?

04.11.2019 von CA Redaktion | Accounting & Finance

Blick in den aktuellen Diskussionsstand des IASB 

Deutschen Bilanzierern wird die Arbeit oftmals dadurch erschwert, dass mit dem HGB und den IFRS zwei Standards mit grundlegend unterschiedlicher Konzeption und damit einhergehend unterschiedlichen Bilanzierungsmethoden zur Anwendung kommen. Diese Unterschiede betreffen u.a. auch die Folgebewertung des Goodwill. Während dieser nach IFRS lediglich außerplanmäßig gemäß des sog. Impairment-Only-Ansatzes abgeschrieben wird, ist nach HGB auch eine planmäßige Abschreibung geboten. Die IFRS-Regelung ist aktuell jedoch Gegenstand kontroverser Diskussionen und wird 2020 im Rahmen eines Diskussionspapiers des IASB auf dem Prüfstand stehen. Möglicherweise könnte sich somit demnächst die eher konservative und vorsichtige HGB-Methodik auch in den IFRS wiederfinden.

Unterschiedliche Behandlung des Goodwill nach HGB und IFRS

Die nach IFRS anzuwendenden Bilanzierungsmethoden sind durch den Fokus auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise oftmals komplexer als die Methoden nach HGB und erfordern mehr unternehmensindividuelle Einschätzungen. Dafür bilden sie die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Gegenzug vermeintlich besser ab. Die Diskrepanz zwischen HGB und IFRS zeigt sich auch anhand der Regelungen zur Goodwill-Bilanzierung, einem Bilanzposten, dessen Werthaltigkeit ohnehin häufig umstritten ist. Während der Goodwill – auch als Geschäfts- oder Firmenwert bezeichnet – zwar sowohl nach HGB als auch nach IFRS als Aktiv-posten angesetzt wird, unterscheidet sich dessen Folgebewertung nach beiden Normen elementar. In den IFRS wird auf eine planmäßige Abschreibung des Goodwill verzichtet, da dieser keine bestimmte wirtschaftliche Nutzungsdauer aufweist. Stattdessen wird dessen Werthaltigkeit jährlich durch einen Wertminderungstest überprüft. Im Gegensatz dazu wird der Goodwill nach HGB auch planmäßig abgeschrieben. Sofern die Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann, ist die Abschreibung über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen.

Aktuelle Diskussion zur Goodwill-Bilanzierung nach IFRS

Der Impairment-Only-Ansatz nach IFRS wird in der Unternehmenspraxis schon seit einiger Zeit kontrovers diskutiert. Einerseits entspricht er dem Konzept der wirtschaftlichen Betrachtungsweise vermeintlich besser als die planmäßige Abschreibung über einen annahmegemäßen und damit nicht in erster Linie wirtschaftlich begründeten Abschreibungszeitraum von zehn Jahren. Andererseits kommt dem komplexen und ermessensbehafteten Wertminderungstest dadurch eine höhere wertmäßige Bedeutung zu, sodass das HGB-Vorgehen als „pragmatischer“ bezeichnet werden kann. Planmäßige Abschreibungen sind demnach ein einfacher Mechanismus, um Druck vom Wertminderungstest zu nehmen. Dementsprechend stellt sich durchaus die Frage, welches Verfahren auch aus dem Blickwinkel der Abschlussadressaten zu bevorzugen ist.

Die IFRS werden regelmäßig auf mögliche Verbesserungen hin untersucht. In diesem Zuge waren auch die Regelungen zur Folgebewertung des Goodwill im Rahmen des Post Implementation Reviews 2013-2015 Gegenstand einer kritischen Überprüfung. Die Rückmeldungen aus der Bilanzierungspraxis zeigten, dass die IFRS-Regelungen diesbezüglich als komplex, aufwendig und ermessenbehaftet wahrgenommen werden. Als Reaktion initiierte der Standardsetzer ein Forschungsprojekt, welches die Notwendigkeit für Anpassungen der entsprechenden Regelungen evaluierte und zur Bildung einer vorläufigen Sichtweise des IASB führte. Bereits im Juni 2019 sprach sich dieser mit einer knappen Mehrheit der Mitglieder für die Beibehaltung des Impairment-Only-Ansatzes aus. Aufgrund der Kontroverse ist die Einführung der planmäßigen Abschreibung damit aber noch nicht vom Tisch. Die vorläufigen Sichtweisen des Standardsetzers sollen im Februar 2020 in Form eines Diskussionspapiers veröffentlicht werden, welches dann zur Kommentierung durch die interessierte Öffentlichkeit bereitsteht. Hierbei wird ankündigungsgemäß auch die Folgebewertung des Goodwill weiter zur Debatte stehen.

Fazit und Ausblick

Die Diskussion um die Folgebewertung des Goodwill zeigt beispielhaft, in welchem Spannungsverhältnis sich HGB und IFRS befinden. Während das HGB oftmals vergleichsweise einfache Lösungsansätze präsentiert, sind die IFRS bestrebt, bestmögliche Informationen für die Abschlussadressaten bereitzustellen, auch wenn dies oftmals mit einer höheren Komplexität und Ermessensspielräumen bei der Bewertung einhergeht. Die Kontroverse um die planmäßige Abschreibung des Goodwill zeigt aber auch, welches Meinungsspektrum sich in der IFRS-Welt um eine solch pragmatische Lösung bildet. Es bleibt somit spannend, in welche Richtung sich die IFRS diesbezüglich entwickeln werden. Mit den Lehrgängen aus dem Bereich Accounting & Finance bleiben Sie am Ball in Bezug auf die aktuellen Entwicklungen in der Rechnungslegung nach HGB und IFRS.

Die Autoren Christian Mehnert und Dr. David Shirkhani, beide Fachreferent IFRS bei Rödl & Partner, sind beide als Trainer in der Themenwelt Accounting & Finance bei der CA controller akademie tätig. Weitere Informationen zur Goodwill-Bilanzierung nach IFRS finden Sie auch auf der Website von Rödl & Partner.

Beitrag teilen