Krisenzeiten sind Working Capital-Zeiten!

28.09.2020 von CA Redaktion | Accounting & Finance
Krisenzeiten sind Working Capital-Zeiten

Wie schon in der Finanzkrise 2008/09 zeigt sich in der aktuellen Corona-Pandemie, worauf es in der Unternehmenssteuerung ankommt: Liquidität! Für die Beschaffung von Liquidität gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Neben Kredit- und Beteiligungsfinanzierung kommt dem Working Capital Management (WCM) eine Schlüsselrolle zu. Hier fließt dem Unternehmen kein frisches Geld von außen zu, sondern es wird Kapital freigesetzt, das durch ineffiziente und ineffektive Prozesse gebunden ist. WCM ist darum immer auch Prozessmanagement. Kosteneinsparungen und verbesserte Rentabilität sind deswegen positive Nebeneffekte eines ganzheitlichen WCM.

Um welche Prozesse geht es? Wir unterscheiden typischerweise die Kategorien

  • Kundenmanagement („Order-to-Cash“),
  • Lieferantenmanagement („Purchase-to-Pay“) und vor allem bei Handels- und Industrieunternehmen
  • Vorratsmanagement („Forecast-to-Fulfil“).

Eine große Herausforderung besteht darin, dass die meisten Unternehmen funktional und nicht prozessorientiert organisiert sind. Daher gibt es im Regelfall auch keine konkret festgelegten Verantwortlichkeiten für diese Prozesse. Vielmehr beeinflussen gerade beim Vorratsmanagement eine ganze Reihe von Funktionen (Logistik, Produktion, Vertrieb, Einkauf etc.) die Höhe der Bestände. WCM bedeutet immer auch, die bestehenden Zielkonflikte zu Einzel- und/oder Bereichszielen auszubalancieren und klare Prioritäten bei der Steuerung zu setzen. Das kann auch einen Eingriff in bestehende Bonusvereinbarungen beinhalten.

Auch die Messung des Working Capitals stellt eine Herausforderung dar. Eine absolute Größe in Euro ausgedrückt wie Bestände plus Forderungen aus Lieferungen und Leistungen abzüglich der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ist zu pauschal und damit schwer zu interpretieren. Eine Relation des Working Capitals zum Umsatz kann Automatismen auslösen wie: „Wenn wir mehr Umsatz machen, ist auch ein höheres Working Capital ok.“ Diese Denkweise steht unseres Erachtens in Konflikt zur Natur des WCM als Marathonlauf bzw. dauerhaft zu implementierende Philosophie im Sinne eines Lean Managements.

Wir empfehlen stattdessen die Verwendung des Cash-to-Cash-Cycles (CCC). Er setzt sich zusammen aus der jeweils geplanten (!) Lagerreichweite sowie der Debitorenreichweite abzüglich der Kreditorenreichweite. Mit dem CCC messen wir die operative Kapitalbindungsdauer ausgedrückt in Tagen. Er zeigt uns also, wie lange wir finanziell in Vorleistung gehen müssen, um unsere Geschäftstätigkeit zu finanzieren. Dies wird maßgeblich durch die Qualität der oben erwähnten Unternehmensprozesse beeinflusst.

Gleichzeitig fungiert die Topkennzahl CCC für den Controller als Türöffner in Richtung einer nicht nur EBIT-getriebenen Unternehmensteuerung. Zu einem ganzheitlichen Controlling gehören auch Cashflow-Größen! Der für die meisten Operativen intuitiv verständliche CCC verbindet also kosten- und damit rentabilitätsorientierte Prozessthemen mit der Liquiditätssteuerung.

Unser Tipp: Erfahren Sie mehr zu Working Capital und Cash-to-Cash-Cycle in unserem Seminar Working Capital Management. Das nächste Seminar beginnt am 16.11.2020 in Feldafing.

Details zur Prozesssteuerung und die Implementierung der Lean-Philosophie, welche Mothodenkompetenz Sie dafür benötigen, welche Softwareunterstützung es gibt und wie Sie KAIZEN-Workshops erfolgreich durchführen und moderieren, vermitteln und trainieren wir in unserer Veranstaltung Prozessoptimierung mit Lean Management.

Autor: Gerhard Radinger, Partner und Trainer bei der CA Akademie AG

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