Von der einwertigen Planung zur mehrwertigen Bandbreitenplanung

02.08.2018 von CA Redaktion | Controlling

Risikoanalyse und Risikoaggregation als Controllingtechniker.

Das zentrale Element jedes Controlling-Systems ist die Planung, denn sie ist die Grundlage, z.B. für Unternehmenssteuerung oder die Investitionsbewertung. Viele Planungen sind dabei noch „einwertig“ und betrachten die bei einer nicht sicher vorhersehbaren Zukunft unvermeidlichen Chancen und Gefahren (Risiken) nur wenig.

Dabei sind es jedoch gerade Unsicherheit und Volatilität des Unternehmensumfelds und der Zukunftsentwicklung, mit denen sich der Controller intensiv befassen sollte (z.B., wenn Entscheidungsvorlagen für die Unternehmensführung erstellt werden, die ein Abwägen von Chancen und Gefahren ermöglichen sollen).

Gerade in der aktuellen Situation mit den vielfältigen Herausforderungen und unsicheren Auswirkungen der Digitalisierung, die ganze Geschäftsmodelle bedrohen können, ergeben sich für viele Unternehmen große Chancen und Gefahren, mit denen sich das Controlling mehr denn je befassen muss.

Notwendig ist es daher, im Controlling Methoden und Wege für die Weiterentwicklung der Planung unter Beachtung bestehender Chancen und Gefahren zu nutzen. Gerade wenn diese Planabweichungen auslösen können.

Für die Etablierung eines fortgeschrittenen Controlling-Ansatzes werden dabei ausgehend von der Technik der Szenario-Analyse und der Betrachtung von Planungsvarianten (z.B. mit Best Case und Worst Case) die Methoden einer systematischen Risikoanalyse und Risikosimulation nötig. Systematisch müssen besondersUnternehmensrisiken – z.B. die unsicheren Annahmen einer Planung – analysiert und quantifiziert werden können. Darauf aufbauend sollte das Controlling sich damit befassen, wie ausgehend von Planung und analysierten Einzelrisiken mittels Monte-Carlo-Simulation eine „mehrwertige“ Bandbreitenplanung für das Unternehmen effizient etabliert werden kann (z.B. mittels Excel und Simulationssoftware).

Eine derartige Bandbreitenplanung vermeidet Scheingenauigkeiten, schafft Transparenz über Planungsunsicherheit und den Umfang möglicher Planabweichungen. Zudem ist sie Grundlage für das Abwägen von Ertrag und Risiko bei der Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen („risikogerechte Bewertung“) in einem wertorientierten Controlling. Mit Risikoanalyse und Risikoaggregation (Simulation) deckt ein derart weiterentwickeltes Controlling auch die wesentlichen gesetzlichen Anforderungen an ein Risikomanagement effizient ab.

So werden speziell auch mögliche „bestandsgefährdende Entwicklungen“ (im Sinne §91 Abs. 2 AktG) erkennbar, die sich aus Kombinationseffekten von Einzelrisiken ergeben (z.B. über mögliche Zukunftsszenarien, die Mindestanforderungen an das Rating nicht mehr gewährleisten). Denn nur so kann durch eine entscheidungsvorbereitende Risikoanalyse sichergestellt werden, dass bei Vorlage zu unternehmerischen Entscheidungen die für diese gesetzlich geforderten „angemessenen Informationen“ beweisbar vorliegen (vgl. §93 AktG und die Anweisung z.B. für die Strategie- oder Akquisitionsbewertung).

Der potenzielle ökonomische Nutzen des Risikomanagements und des Controllings sind weitgehend nur erreichbar, wenn Risiken quantifiziert und mittels Monte-Carlo-Simulation zur Bestimmung des Gesamtrisikoumfangs aggregiert werden. Nur so können Unternehmen Risikokosten optimieren, risikogerechte Kapitalkosten ableiten und das Ertrag-Risiko-Profil von strategischen Handlungsmöglichkeiten beurteilen.

Aus diesen Überlegungen ergeben sich insbesondere folgende Empfehlungen für das Controlling:

  1. Das Controlling sollte Methoden zur Analyse von Chancen und Gefahren (Risiken) sowie der Risikoaggregation konsequent nutzen, um eine Bandbreitenplanung zu erstellen (und die Planungssicherheit zu messen).
  2. Ein erster Schritt kann darin bestehen, systematisch unsichere Planannahmen (Planungsprämissen) aufzudecken und durch eine geeignete Wahrscheinlichkeitsverteilung zu beschreiben (z.B. durch die Angabe von Mindestwert, wahrscheinlichstem Wert und Maximalwert).
  3. Das Controlling sollte zudem erfassen, welche „unternehmerischen Entscheidungen“ durch die Unternehmensführung getroffen werden und organisatorisch sicherstellen, dass die Entscheidungsvorlagen alle erforderlichen Informationen – speziell die Ergebnisse einer entscheidungsvorbereitenden Risikoanalyse – enthalten.
  4. Controlling und Risikomanagement sollten konsequent alle Möglichkeiten einer effizienten Zusammenarbeit prüfen. Wenn es im Unternehmen noch kein Risikomanagement gibt, sollte man darüber nachdenken, wie das Controlling gegebenenfalls die gesetzlichen Anforderungen an ein Risikofrüherkennungssystem mit abdecken kann (aus §91 Abs. 2 AktG).

Autor: Prof. Dr. Werner Gleißner, Trainer der CA controller akademie und Vorstand der FutureValue Group AG
Foto: icv Controller Congress 2018, Vortrag Prof. Gleißner zum Thema “Vorbereitung von Geschäftsleitungsentscheidungen: Controlling und Risikomanagement im Zusammenspiel”

 

Weiterführende Literatur:

Berger, Th. / Gleißner, W. (2018): Integrated management systems: linking risk management and management control systems, in: International Journal of Risk Assessment and Management, Vol. 21, No. 3, S. 215-231

Gleißner, W. (2017): Grundlagen des Risikomanagements, 3. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München

Gleißner, W. (2015): Controlling und Risikoanalyse bei der Vorbereitung von Top-Management-Entscheidungen – Von der Optimierung der Risikobewältigungsmaßnahmen zur  Beurteilung des Ertrag-Risiko-Profils aller Maßnahmen, in: Controller Magazin, Heft 4/2015, S. 4 – 12

Gleißner, W. (2016): Bandbreitenplanung, Planungssicherheit und Monte-Carlo-Simulation mehrerer Planjahre, in: Controller Magazin, Ausgabe 4, Juli/August 2016, S. 16-23.

Gleißner, W. (2017): Bandbreitenplanung über mehrere Jahre: Planungssicherheit mit der Monte-Carlo-Simulation, in: Gleißner, W./Klein, A. (2017): Risikomanagement und Controlling, 2. Aufl., Haufe-Lexware, München 2017, S. 111 – 128

Wolfrum, M. (2018): Risikomanagement und Controlling: Status quo und Weiterentwicklungspotenziale im Überblick, in: Risk Management Association e.V./Internationaler Controller Verein e.V. (Hrsg.): Vernetzung von Risikomanagement und Controlling, Risikomanagement-Schriftenreihe der RMA, Band 3, Erich Schmidt Verlag, Berlin, S. 15 – 20

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