Ist die IFRS-Rechnungslegung auch für mittelständische Unternehmen sinnvoll?

07.05.2019 von CA Redaktion | Accounting & Finance
IFRS-CISCA

Sofern Unternehmungen kapitalmarktorientiert sind, müssen sie ihren Konzernabschluss entsprechend der IFRS (Internationale Rechnungslegungsstandards) aufstellen. Darüber hinaus kann sich eine freiwillige Option für die IFRS aber auch durchaus lohnen, falls es sich um Familienunternehmen oder kapitalmarktorientierte Unternehmen handelt.

Mittlerweile ist es über 10 Jahre her, dass die IFRS in die Bilanzierungspraxis in Deutschland eingezogen sind. Dennoch bestehen bei Unternehmen, die nicht am Kapitalmarkt orientiert sind noch immer Vorbehalte, die internationalen Rechnungslegungsstandards freiwillig (und damit befreiend) anzuwenden. Das hängt damit zusammen, dass viele Unternehmen die Änderungsdynamik, die Komplexität sowie das gegenüber dem HGB größere Volumen der Angaben scheuen. Auch die Sorge vor hohen einmaligen und laufenden Kosten ist damit verbunden.

Hauptzweck der IFRS ist die Bereitstellung von Informationen, die in erster Linie für die Entscheidungen von Investoren und Gläubigern nützlich sind. Dieses Ziel mag bei inhabergeführten Unternehmen anders als bei kapitalmarktorientierten Unternehmen nicht im Vordergrund stehen. Somit ist die Umstellung von HGB auf IFRS zwar für viele Unternehmen nicht nutzbringend, kann im Einzelfall aber durchaus angemessen sein.

Komplizierter werdende Transaktionen zeigen sich auch in den IFRS

Auf den internationalen Kapital- und Finanzmärkten werden die Transaktionen immer komplexer. Strukturierte Finanzprodukte benötigen z. B. detaillierte Angaben in Hinblick auf die Bewertungsannahmen, wie sich in der letzten Finanzkrise gezeigt hat. Aber auch bei der Anwendung von Vorschriften des Handelsrechts braucht es mehr und mehr eine Gesetzesauslegung, um komplizierte Geschäftsvorfälle sachlich richtig zu bilanzieren. Daran zeigt sich, dass ein höherer Bilanzierungsaufwand nicht nur das Ergebnis der internationalen Rechnungslegung ist, sondern bis zu einem gewissen Grad sämtliche Unternehmen betrifft.

Wer kann von einer freiwilligen Anwendung der IFRS profitieren?

Für zwei Arten von Unternehmen ist die Umstellung des Rechnungswesens auf die IFRS nach unserer Erfahrung vor allem vorteilhaft.

Zu nennen sind dabei Unternehmen, die auf mittel- oder auch langfristige Sicht auf den Kapitalmarkt gehen wollen. Diese Unternehmen können durch frühzeitige Umstellung auf die IFRS bereits im Vorfeld umfangreiche Erfahrungen sammeln, die später bei der verpflichtenden Aufstellung von IFRS-Konzernabschlüssen markante Kosten- und Zeiteinsparungen ermöglichen. Verschiedene Studien belegen auch, dass die Rechnungslegung nach IFRS einen positiven Effekt auf die Qualität der Abschlussinformationen hat, auch wenn in diesem Zusammenhang manchmal ein „Information Overload“ beklagt wird. Investoren können sich dadurch einen besseren Überblick über die Situation des Unternehmens verschaffen, wodurch sich ihr Risiko und in der Folge die Kapitalkosten des Unternehmens verringern lassen.

Aber auch Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit ausgesprochen international ausgerichtet ist, können einen Nutzen haben, wenn sie die IFRS freiwillig anwenden. In dem Maße, in dem der Wettbewerbsdruck auf den Märkten – seien es Absatz-, Produktions- oder Beschaffungsmärkte – weltweit zunimmt, ist es entscheidend, Informationen und Zahlen zu haben, die einen direkten Vergleich mit den Wettbewerbern aus dem Ausland zulassen. Die IFRS sind ein Werkzeug, um solche standardisierten Daten zu nutzen. Dies erklärt auch, warum die Zahl von IFRS-Bilanzierern zunimmt, je höher der Internationalisierungsgrad von Unternehmen ist. Darüber hinaus können Zahlen der IFRS auch für die strategische sowie operative Steuerung von Unternehmensbereichen verwendet werden und leisten damit der Angleichung von externem und internem Rechnungswesen Vorschub. Zu guter Letzt kann die freiwillige Anwendung der IFRS sogar zusätzliche Kosten sparen, wenn bei international ausgerichteten Familienunternehmen die häufig aufwändige Überleitung der (nach lokalem Recht) aufgestellten Einzelabschlüsse ins HGB ersetzt wird durch die Überleitung auf den weltweit verbreiteten und international anerkannten IFRS-Abschluss.

Nur im jeweiligen Einzelfall ist feststellbar, ob der Nutzen einer freiwilligen IFRS-Bilanzierung größer ist als die damit verbundenen Kosten und Nachteile. Unternehmen, die sich auf den Weg zum Kapitalmarkt machen oder die sehr stark international ausgerichtet sind, sollten über diese Option aber auf jeden Fall sorgfältig nachdenken. Der Lehrgang zum Certified IFRS Specialist CA eignet sich gut dafür, die Mitarbeiter auf diese Option vorzubereiten.

Der Autor Dipl.-Kfm., CPA, WP Christian Landgraf, Wirtschaftsprüfer und U.S. Certified Public Accountant, Partner bei Rödl & Partner ist als Trainer im Themenbereich Accounting & Finance bei der CA controller akademie tätig.

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